Styria greift nach FM4
Konzern von "Kleiner Zeitung" und "Presse" will FM4 privatisieren - Ablehnung bürgerlicher Medienverhandler bleibt vorerst aus - FPÖ will ORF schon lange um den Sender erleichtern
Es war Landwirtschaftsminister Wilhelm Molterer in seiner - gewichtigen - Nebenrolle als Mediensprecher der ÖVP, der noch im Frühjahr 2000 versicherte: "Der ORF hat zwei Fernseh- und vier Hörfunkkanäle. Das ist die Arbeitsgrundlage." Damals drängten Privatradiomacher und mit ihnen Verhandler der FPÖ, den großteils englischsprachigen Jugendsender FM4 zu privatisieren. Molterer erteilte ihnen eine klare Abfuhr.
Nun, so heißt es in Regierungskreisen, bringt die Volkspartei das Thema wieder aufs Tapet. Denn die Styria Medien AG (Kleine Zeitung, Die Presse) habe Bedarf angemeldet an einem österreichweiten Privatradio. Freie Frequenzen dafür gibt es schon lange nicht mehr. Styria-Vorstandschef Horst Pirker gilt als wichtigster Berater des Kanzlers in Medienfragen.
Donnerstag kommt auf STANDARD-Nachfrage bei bürgerlichen Medienverhandlern keine Ablehnung mehr, dem ORF FM4 wegzunehmen. Eher nach dem Gegenteil klingt es, auch wenn jeder Kommentar verweigert wird.
Bei den Mediengesprächen Alpbach macht Hans Metzger den Plan öffentlich. "Privates österreichweites Radio" sei "dringende Aufgabe" der Medienpolitik, sagt der Styria-Beteiligungsmanager zu FM4.
Kammerwunsch
"Einzige Chance auf nationales Privatradio wäre, über FM4 nachzudenken", ergänzt Markus Breitenecker vom privaten TV-Vermarkter Sevenone Media: Das sei doch für den ORF "Einsparungspotenzial".
"Wir erfüllen mit FM4 unseren öffentlich-rechtlichen Auftrag", hält Alexander Wrabetz dagegen, Kaufmännischer Direktor des ORF. Private bedienten junges Publikum in der Form und großteils englischsprachig nicht.
Dem widerspricht Alfred Grinschgl, Chef der Rundfunk- und Telekomregulierungsgesellschaft RTR: Auch Private könne man zu bestimmten Zielgruppen und Sendungen in Englisch verpflichten. Engagiert er sich in der Causa FM4, spricht das dafür, dass bürgerliche Regierungskreise Gefallen an der Idee finden. Auch die Werber in der Wirtschaftskammer basteln an einem Forderungskatalog, der nach STANDARD-Informationen diesen Wunsch enthält.
Die Styria führt bereits Antenne-Privatradios in der Steiermark und Kärnten. Erst vor wenigen Monaten trennte sie sich von ihrer Beteiligung an der eher glücklos agierenden Antenne Wien. Styria-Chef Pirker begründete den Rückzug damals mit Konzentration auf die Kernmärkte im Süden Österreichs. So erklärt man auch den geplanten Ausstieg vom Linzer Privatfernsehen LT 1. Mit österreichweitem Radio würde die Styria gegen das Hitradio der Krone auftreten, das Lokal- und Regionalradios als überregionalen Verbund zusammenschaltet.
"Wir würden FM4 gerne selber weiterentwickeln", sagt Wrabetz. Ob der ORF das darf, sei "politische Frage". Spätestens "bei den nächsten Regierungsverhandlungen" werde das wohl Thema, heißt es nun in FP-Kreisen. (Harald Fidler/DER STANDARD, Printausgabe, 31.8.2002)
ich kenn mich zwar nicht wirklich mit medienpolitik aus, aber das klingt nicht gut. weil welcher überregionale privatsender könnte sich schon einen marktanteil von 5-6 % (stimmt das so?) leisten?! und viel mehr marktanteil würde wohl mit dem jetzigen fm4 nicht gehen. das heißt, fm4 würde umgekrempelt werden müssen und das sicher nicht zum positiven.
FM4 privat: Nun mag FP nicht mehr Wenig Gegenliebe beim Zentralbetriebsratschef des ORF
Der Vorstoß der Styria Medien AG (Kleine Zeitung, Die Presse), FM4 zu privatisieren, stößt naturgemäß auf wenig Gegenliebe beim Zentralbetriebsratschef des ORF. Heinz Fiedler fordert eine klare Distanzierung von Medienstaatssekretär Franz Morak. FP-Medienexperten, die eine Privatisierung lange betrieben und gerade noch als "Thema von Regierungsverhandlungen" sahen, lehnen den Plan nun ab: Inzwischen musste sich die Krone mühsam einen Senderverbund zusammenkaufen, um überregionales Radio zu machen. (fid/DER STANDARD, Printausgabe vom 3. 9. 2002)